LESEPROBE

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von:

Thomas Klein

Alle Tränen sind salzig

Zur Narrativen Pädagogik Janusz Korczaks

gata-LogoEitorf: gata 1996

(pädagogik und hermeneutik, 3)


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Inhaltsverzeichnis

1 Motto ...................................................................................11

2 Einleitung .........................................................................11

3 Zur Begründung einer Narrativen Pädagogik ......14

3.1 Narrativität .................................14

3.1.1 Die jüdische Erzähltradition und
ihre theologischen Wurzeln .........................18

3.1.2 Narrative Pädagogik ........................20

3.1.3 Narrativität als Hilfe zur Weltzuwendung ...23

3.1.3.1 Gespräch und Begegnung ...................23

3.1.3.2 Erzählen im richtigen Rhythmus ...........26

3.1.3.3 Märchen ..................................27

3.2 Hermeneutik ..................................28

3.2.1 Sprache als Ausgangspunkt von Studien ......30

3.2.2 Vorstufen der Sprache ......................32

3.2.3 Die Rolle der Sprache
bei der Welterschließung ...........................33

3.2.4 Das Vorverständnis prägt die Beziehung .....36

Zu einigen Motiven im Werk
Janusz Korczaks ....................................38

4.1 Einfühlung ...................................38

4.1.1 Der Gefühlsreichtum der Kinder .............38

4.1.2 Emotionale Bildung .........................41

4.1.3 Das Einfühlungsvermögen des Erziehers ......45

4.1.4 Die Einsamkeit des Kindes ..................47


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4.2 Das Kind als Fremder .........................48

4.2.1 Das Kind ist in unserer Welt ein Fremder ...48

4.2.2 Was ist ein Fremder? .......................50

4.2.3 Das Fremdsein zeigt sich in Weltoffenheit ..53

4.3 Selbstorganisation ...........................55

4.3.1 Selbstorganisation als Paradigma ...........56

4.3.2 Selbstorganisation des Geistes .............58

4.3.3 Selbstorganisation und Tugenderziehung .....59

4.3.4 Selbstorganisation der Kinder unter sich ...60

4.4 Relativismus .................................63

4.4.1 Der Mensch im Universum ....................63

4.4.2 Die Komplexität der dinglichen Welt
und der Gesellschaft ................................65

4.4.2.1 Die Komplexität der dinglichen
Welt ...............................................66

4.4.2.2 Die Komplexität der gesellschaft-
lichen Regeln ......................................67

4.4.3 Der Machbarkeitswahn .......................70

4.5 Tugenderziehung ..............................72

4.5.1 Motto ......................................73

4.5.2 Tugendhaft sein wollen und scheitern .......73

4.5.3 Tugenderziehung als Hilfe bei
der Selbsterziehung ................................75

4.5.3.1 Veränderungen nicht aufschieben ..........76

4.5.3.2 Die Bürde nicht zu schwer machen .........77

4.5.3.3 Verfehlungen .............................78

4.5.4 Verderben ist nicht leichter als Bessern ...78


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4.5.5 Der Mensch ist gut .........................79

4.5.5.1 Kinder vertrauen ins Gute
im Menschen .........................................79

4.5.5.2 Korczak vertraut ins Gute
im Menschen .........................................80

4.5.6 Vorbilder ...................................82

4.5.7 Heuchlerische Tugenden der Erwachsenen ......83

4.6 Tod ......................................................................................86

4.6.1 Das Recht des Kindes auf seinen Tod ..................87

4.6.2 Das Leben ist ein Reigen der Augenblicke ........88

4.6.3 Überbehütung ................................................................90

4.6.4 Die Bedeutung der Potentialität ..........................92

4.6.5 Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
und zu sein, wie es ist ...........................................................94

4.7 Verschiedenheit und Ungeschiedenheit ..........96

4.7.1 Die Verschiedenheit .........................96

4.7.1.1 Die Individualität jedes Menschen .........96

4.7.1.2 Es kann also keine allgemein
gültigen Vorschriften geben .........................98

4.7.2 Die Ungeschiedenheit ...............................................99

4.7.2.1 Erwachsene und Kinder
sind gleichwertig ..................................101

4.7.2.2 Erwachsene sind Kindern
vergleichbar .......................................104

4.7.2.3 Kinder sind Erwachsenen
vergleichbar .......................................106

4.7.2.4 Erwachsene messen
mit zweierlei Maß ..................................108


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4.7.3 Verschiedenheit und Ungeschiedenheit
in ihrer Bedeutung für die Pädagogik ..............................109

4.7.3.1 Gerechtigkeit .......................................................109

4.7.3.2 Das Verhältnis von Recht
und Gnade ....................................................................................110

4.7.3.3 Miteinander leben ...............................................112

4.7.3.4 Eigene Wege gehen ...............................................115

4.7.3.5 Die Polarität von Verschiedenheit
und Ungeschiedenheit ..............................................................116

Zum Wissenschafts und Erziehungs-
begriff Janusz Korczaks ............................118

5.1 Motto .......................................118

5.2 Korczaks Wissenschaftsbegriff ...............118

5.2.1 Der geschichtliche Wandel
wissenschaftlicher Meinungen .......................121

5.2.2 Irrtum und Gewißheit .......................122

5.2.3 Die Rolle des Zufalls ......................124

5.2.4 Das Gesetz von der Antithese ...............124

5.3 Korczaks eigene Methode ......................127

5.3.1 Das schöpferische "Ich weiß Nicht" .........128

5.3.2 Genau beobachten ...........................130

5.3.3 Die Verschiedenheit akzeptieren ............131

5.3.4 Die Erziehung des Erziehers ................132

Schlußwort .....................................136

Verzeichnis der Siglen ..................................................137

Literaturverzeichnis ......................................................138

Anhang .........................................146

Sach- und Namensindex ............................154


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1 Motto

"Ich befürchte, die Leser könnten geneigt sein, mir Glauben zu schenken. Dann würde dieses Buch ihnen zum Schaden gereichen. Deshalb erhebe ich mahnend meine Stimme: Der Weg, den ich zu meinem Ziel hin eingeschlagen habe, ist weder der kürzeste noch der bequemste; für mich jedoch ist er der beste, weil es mein eigener Weg ist. Nicht ohne Mühe und nicht ohne Schmerz habe ich ihn gefunden, und auch erst dann, als ich begriffen hatte, daß alle Bücher, die ich studiert hatte, daß die Erfahrungen anderer und fremde Meinungen trügerisch waren."[ 1] 

2 Einleitung

Diese Arbeit stellt einen Versuch dar, sich Korczaks Narrativer Pädagogik anzunähern. Dabei ist fraglich, auf welche Weise eine solche Annäherung überhaupt vollzogen werden kann.

Eine Möglichkeit wäre es, eine Systematik der pädagogischen Grundgedanken Korczaks zu erstellen. Dabei würde sich schnell zeigen, daß weite Teile des Werkes einem solchen verallgemeinernden Zugang verschlossen blieben. Korczaks Werk lebt durch die Fülle von liebevoll geschilderten Beispielen, durch die Vormachtstellung der Fragen gegenüber den Antworten und durch sein Bemühen, den Lesern für die Lebenswelt des Kindes die Augen zu öffnen. Von dieser widersprüchlichen Fülle läßt sich nur wenig hinüberretten in die Eindeutigkeit einer Theorie.

Aber warum ist Korczaks Werk so komplex, und wie dachte er sich dann seine Pädagogik?

Er spricht selbst beiläufig von einer Erzählenden Pädagogik, und sein Werk ist ein lebendes Beispiel für diese Auffassung von Pädagogik. Daher verfolge ich in meiner Arbeit zwei Hauptlinien. Zum einen frage ich, wie man den Begriff Narrative Pädagogik deuten soll und wie sich dieser Ansatz Korczaks begründet. Zum anderen begebe ich mich auf eine Spurensu-


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che nach Motiven und Themata[ 2] , die immer wiederkehren. Es gibt einige Elemente, die in den verschiedensten Zusammenhängen bei Korczak immer wieder deutlich zutage treten. Eines davon, um ein Beispiel zu geben, ist die Analogie zwischen dem Kind und dem Fremden. Die Motive und Themata, die mir am Herzen liegen, stelle ich im Mittelteil dieser Arbeit dar. Zu meiner großen Freude ergänzen und erhellen sie einander. Im letzten Teil skizziere ich Korczaks Verständnis von Wissenschaft und weise auf vier Grundlagen seiner Pädagogik hin.

Auf eine Besonderheit bei der Entstehung dieser Arbeit möchte ich noch hinweisen. An erster und wichtigster Stelle stand die Beschäftigung mit den Primärtexten, die ich zum Teil systematisch ausgewertet habe, ohne vorher ein Raster von Kategorien aufzustellen. Aus diesem ungeordneten Material entstand die erste Skizze des Mittelteils der Arbeit. Mit dem gewonnenen Vorverständnis wandte ich mich dann weiteren Texten Korczaks zu. Erst in der Schlußphase konfrontierte ich die gewonnene Position mit der vorhandenen Sekundärliteratur.

Die Vielzahl an Zitaten und ihre zum Teil erhebliche Länge mag Verwunderung hervorrufen. Ersteres liegt meines Erachtens jedoch in meiner Vorgehensweise begründet. Die Länge mancher Zitate hat einen andern Hintergrund. Mit kurzen Fragmenten läßt sich bei Korczak nahezu alles beweisen, da er oft Rede und Gegenrede andeutet. Um die Problematik kurzer Zitate deutlich zu machen, möchte ich ein Beispiel einer Fehldeutung anführen. Kahn schreibt im seinem Buch Janusz Korczak und die jüdische Erziehung im Kapitel Religiösität:

"Korczak wäre nicht Korczak ohne diese Zweifel; im Grunde genommen blieb er aber ein (im weitesten Sinne) religiöser Mensch. Den Kindern wollte er ihren Glauben


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ermöglichen, wie wir bereits im biographischen Kapitel ausgeführt haben. 'Das Kind ... ist darauf angewiesen, zu glauben' (Korczak 1967, 78)."[ 3] 

Schlägt man die oben zitierte Stelle einmal nach, so zeigt es sich, daß nicht von Glauben im religiösen Sinne die Rede ist, sondern im profanen, und daß zudem das Zitat verschleiert, daß es Korczak darum geht, deutlich zu machen, daß das Kind aus Erfahrungsmangel darauf angewiesen ist, den Erwachsenen zu glauben.

"Die Kuh gibt Milch.

'Die Kuh?', frage ich zweifelnd. 'Aber woher nimmt sie die Milch?'

'Aus dem Brunnen', antwortet das Kind.

Das Kind glaubt bedenkenlos; denn sooft es sich selbst etwas ausdenken will, geht es fehl; es ist darauf angewiesen, zu glauben."[ 4] 

Eine positive Nebenwirkung der Beschäftigung mit Korczaks Werk betrifft den Sprachstil dieser Arbeit. Insbesondere der Mittelteil ist an Korczaks schlichte Sprache angeglichen, um ständige Stilbrüche zu vermeiden.


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4.6 Tod

Ich komme nun zu einem der schwierigsten Kapitel meiner Arbeit und zu einer umstrittenen Forderung Korczaks. Er fordert das Recht des Kindes auf seinen Tod. Diese Forderung wird in der Sekundärliteratur im allgemeinen als eine etwas krasse Ablehnung eines behütenden Erziehungsstils gedeutet.[192] Ich möchte, über diese Interpretation hinausgehend, darauf hinweisen, daß er meiner Ansicht nach dieses vehement vorgetragene Recht in seiner ganzen Härte und Tiefe meint[193] und daß sich diese Tiefe enthüllt bei der Betrachtung der Bedeutung des Augenblicks.

Die beiden anderen Grundrechte, die er fordert, werden bei der Betrachtung des Rechtes des Kindes auf seinen Tod mit erhellt.


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4.6.1 Das Recht des Kindes auf seinen Tod

Zunächst möchte ich Korczaks Formulierung der Grundrechte des Kindes wiedergeben.

"Ich fordere die Magna Charta Libertatis[194] , als ein Grundgesetz für das Kind. Vielleicht gibt es noch andere - aber diese drei Grundrechte habe ich herausgefunden:

1) Das Recht des Kindes auf seinen Tod,

2) Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag,

3) Das Recht des Kindes, so zu sein, wie es ist."[195] 

Darauf folgt eine Diskussion der Fähigkeit des Kindes, Irrtümer selbst zu korrigieren.[196] Dann wendet Korczak sich dem ersten der drei Rechte zu und verdeutlicht es.

"Die heiße, einsichtige und ausgeglichene Liebe der Mutter zu ihrem Kinde muß diesem das Recht auf einen frühzeitigen Tod zugestehen, das Recht zur Beendigung seines Lebenslaufes nicht nach sechzig Umdrehungen der Erde um die Sonne, sondern nach einem oder auch nur drei Frühjahren. Ein grausames Ansinnen an jene, die Mühen und Kosten eines Kindbettes nicht öfter als ein- oder zweimal auf sich nehmen wollen.

'Der Herr hat's gegeben - der Herr hat's genommen', sagt das natürlich empfindende, einfache Volk, das weiß, daß nicht jedes Samenkorn eine Ähre hervorbringt, nicht je-des Küken lebensfähig zur Welt kommt, nicht jeder Setzling zu einem Baum heranwächst."[197] 

Offenbar handelt es sich bei diesem Recht um eines, das zunächst einmal gegenüber der Mutter eingefordert werden muß. Sie hat am meisten Angst um ihr Kind, sie hadert mit dem Schicksal und wäre gegebenenfalls nicht bereit, ihr Kind


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ziehen zu lassen[198] . Dem steht nun die Tatsache entgegen, daß auch Kinder sterben können, daß der Tod jeden Menschen plötzlich und unerwartet oder mit vielen Vorzeichen ereilen kann.

Doch so schmerzhaft der Einbruch des Todes in das Leben erfahren wird, er adelt[199] es auch. Wie dies zu verstehen ist, wird hoffentlich im Folgenden deutlich werden.

4.6.2 Das Leben ist ein Reigen der Augenblicke

Ich gelangte zu dem hier dargestellten Deutungsansatz, als ich bei meinen Vorbereitungen auf folgende Stelle stieß:

"In unserer Naivität fürchten wir den Tod und wissen nicht, daß das Leben ein Reigen vergehender und wieder neu entstehender Augenblicke ist. Ein Jahr - das ist nur der Versuch, die Ewigkeit im Alltag zu begreifen. Ein Augenblick dauert so lange wie ein Lächeln oder ein Seufzer. Eine Mutter möchte ihr Kind erziehen, aber dies wird sie nicht erwarten: daß ständig eine andere Frau einen anderen Menschen verabschiedet und begrüßt."[200] 

Diese vier lapidaren Sätze spannen einen weiten Bogen. Der Bogen beginnt bei der Angst vor dem Tod. Dieser Angst setzt Korczak die Einsicht entgegen, daß das Leben "ein Reigen vergehender und wieder neu entstehender Augenblicke" sei. Inwiefern ist dies ein Trost? Wenn das Leben ein Reigen der Augenblicke ist, dann sind Tod und Leben nicht voneinander abzugrenzen, sondern untrennbar ineinander verwoben. Durch die Möglichkeit, ja Gewißheit des Todes und die Unkenntnis seines Zeitpunktes gewinnt jeder Augenblick seine Bedeutung und Würde.[201] 


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"Wir sollten jeden einzelnen Augenblick achten, denn er stirbt und wiederholt sich nicht, und immer sollten wir ihn ernst nehmen; wird er verletzt, so bleibt eine offene Wunde zurück, wird er getötet, so erschreckt er uns als ein Gespenst böser Erinnerungen."[202] 

Korczak weist also darauf hin, daß jeder Augenblick in unserer Verantwortung[203] steht. Dies gilt nicht nur für unser Leben. Die Verantwortung erstreckt sich im Erzieherischen auch auf unseren Einfluß auf das Leben der Kinder.

Doch hiermit ist der Bogen noch nicht vollendet. Im letzten Satz schließt der Reigen der Augenblicke auch die Menschen in das stete Werden und Vergehen mit ein.[204] Von Augenblick zu Augenblick wandelt sich auch der Mensch, manchmal unmerklich, manchmal gewaltig. Diesen Sachverhalt möchte ich im Vorgriff auf das Kapitel 'Verschiedenheit und Unge-


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schiedenheit'[205] mit 'Verschiedenheit des Menschen in der Zeit' bezeichnen. Dieser Wandel erzeugt eine Ungewißheit. Ich kann nicht absolut um einen anderen wissen, auch wenn ich ihn gut kenne. (Ebenso kann ich um mich selbst letztendlich wohl auch nicht absolut wissen.)

Diese beiden Anteile, die das Recht des Kindes auf seinen Tod in meinem Verständnis begleiten die Wertschätzung des Augenblicks als Konsequenz der Sterblichkeit und die Verschiedenheit des Menschen in der Zeit als Merkmal des Lebens , begründen nun die beiden anderen Grundrechte. Doch bevor wir uns ihnen zuwenden, möchte ich den Aspekt des Rechtes des Kindes auf seinen Tod darstellen, der in der Sekundärliteratur allgemein anerkannt ist: die Ablehnung eines zu sehr behütenden Erziehungsstils.

4.6.3 Überbehütung

Die Überbehütung, um die es Korczak geht, drückt sich darin aus, daß dem Kind völlig unangemessene Beschränkungen auferlegt werden oder daß es ständig im Brennpunkt übersteigerter Ängste der Eltern steht. Korczak hält es für wahr,

"daß ein Kind um so ungünstigere Bedingungen für seine körperliche und geistige Entwicklung vorfindet, je mehr eine Mutter aus vermögenden Kreisen durch den Gedanken an einen möglichen Tod des Kindes erschreckt wird."[206] 

Vieles, was ein Kind tut, kann ihm schaden. Natürlich gibt es Dinge, die es nicht überschauen kann und die ihm verboten werden müssen. Dabei muß abgewogen werden zwischen dem Erkenntnisinteresse und dem Bewegungs- und Freiheitsdrang des Kindes einerseits und der Bedeutung der Gefahren, die es dafür eingeht, andererseits. Bei der Überbehütung führt die Angst vor den eingebildeten oder echten Gefahren dazu, daß das Kind der Möglichkeit beraubt wird, eigene und gegebenenfalls schlechte Erfahrungen zu machen.


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"'Du wirst dir die Hand brechen, man wird dich überfahren, der Hund wird dich beißen. Iß keine Pflaumen, trink kein kaltes Wasser, geh nicht barfuß, lauf nicht in der brennenden Sonne herum, knöpf den Mantel zu, bind den Schal um. Siehst du, warum hast du nicht gefolgt. Nun mußt du hinken, nun tun dir die Augen weh. Um Gottes willen! Du blutest ja! Wer hat dir denn ein Messer gegeben?'"[207] 

Jede mögliche Gefahr wird so dargestellt, als ob sie wahrscheinlich oder gar unabwendbar sei. Wenn das Kind sich dieser Haltung unterwirft, dann kann es nicht lernen, selbst Entscheidungen zu fällen, zwischen richtig und falsch abzuwägen, und es kann seinen Willen nicht einüben.

"Und wenn das Kind das alles glaubt und nicht heimlich ein Pfund unreife Pflaumen ißt oder irgendwo in einem Winkel - mit klopfendem Herzen - mit Streichhölzern spielt, nachdem es die Wachsamkeit der Erwachsenen eingeschläfert hat, wenn es gehorsam, passiv und vertrauensvoll sich der Forderung unterwirft, jeder Erfahrung aus dem Weg zu gehen, jedem Wagnis zu entsagen und die Mühen jeder Willensregung zu vermeiden, was wird es dann tun, wenn es in seinem Inneren etwas verspürt, was verwundet, brennt und beißt?"[208] 

Spätestens in der Pubertät begegnet dem Kind, das vorher von allen Widrigkeiten abgeschirmt und dem nie eine Entscheidung überlassen wurde, bei der etwas zu riskieren war, eine echte Herausforderung, spätestens dann muß es sich fragen, was es tun soll, was mit ihm geschieht und wie es mit den widersprüchlichen Wünschen und Neigungen in sich leben soll.

Entgegen diesen behütenden Erwachsenen ist Korczak der Ansicht, daß wir Kindern viel zu wenig zutrauen und ihnen wichtige Möglichkeiten vorenthalten. Er schildert ausführlich die Erlebnisse eines einjährigen Dorfkindes, das sich alleine


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vor dem Haus umsieht, und stellt fest, daß es selbst fühlt, was über seine Kräfte geht, und daß schlechte Erfahrungen statt Verbote ihm seine Grenzen zeigen. Abschließend weist er auf die Notwendigkeit hin, die Fürsorge weder zur Überbehütung noch zur Verwahrlosung werden zu lassen.

"Es ist nun nicht etwa so, daß ich es gutheiße, ein Übermaß an Fürsorge durch einen gänzlichen Mangel an Aufsicht zu ersetzen. Ich weise nur darauf hin, daß ein Einjähriges vom Land bereits lebt, während bei uns erst der herangereifte Jüngling zu leben beginnt. Aber wann denn, um Gottes Willen, ist er soweit?"[209] 

4.6.4 Die Bedeutung der Potentialität

Durch die Überbehütung läßt sich vielleicht, in seltenen Fällen, der Tod des Kindes verhindern oder ein schwerer Schaden abwenden. Aber der Preis dafür ist hoch.

"Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreißen, entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht richtig leben."[210] 

Wenn das Leben des Kindes in der Gegenwart zugunsten des Lebens in der Zukunft aufgegeben wird, dann wird offenbar jenes ungewisse zukünftige Dasein höher eingestuft. Dies zeigt sich auch in den Deutungsversuchen, die herausfinden möchten, was wohl aus dem Kind werden mag.

"Wir halten nach günstigen Vorzeichen Ausschau, wir möchten in die Zukunft sehen und sichergehen können; das ungeduldige Warten auf etwas, das kommt, schmälert den Wert dessen, das ist.

Der 'Marktwert' des Jungen ist gering. Nur vor dem Gesetz und vor Gott gilt die Apfelblüte soviel wie der reife Apfel, die grüne Saat soviel wie das reife Feld."[211] 


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Die Absicht ist jedoch nicht, nur herauszufinden, was die Zukunft bringen wird. Gleichzeitig wird erhofft, daß die Kinder einmal jene Wege gehen mögen, die ihren Eltern verschlossen blieben, und daß sie endlich dem Namen der Familie Ruhm und Ehre brächten.

"Es ist eine flüchtige Mode, ein Fehler, eine unvernünftige Meinung, daß uns alles, was nicht hervorragend ist, als verfehlt und wertlos erscheint. Wir kranken an dem Hang zur Unsterblichkeit. [...] Ein Kind ist kein Lotterielos, auf das der Gewinn eines Porträts im Sitzungssaal eines Magistrats oder einer Marmorbüste im Vestibül eines Theaters fallen kann."[212] 

In seiner gegenwärtigen Existenz wird das Kind also nicht ernstgenommen.

"Schwach, klein, arm, abhängig - ein Staatsbürger wird es erst. Wir behandeln es mit Mitleid, Schroffheit, Grobheit und wenig Achtung. Ein Lümmel, ein Kind nur, erst in Zukunft ein Mensch, jetzt noch nicht. Und das trifft zu."[213] 

Die Zukunft des Kindes entzieht sich uns, sie ist unverfügbar. Da wir nicht um sie wissen können und sie im Ungewissen liegt, müssen wir uns dem Kind so zuwenden, wie es ist. Hierin liegt der Bezug zum "Recht des Kindes, zu sein, wie es ist"[214] . Letztendlich läßt sich dieses Recht begründen auf der Tatsache der Verschiedenheit des Menschen in der Zeit.

Es mag der Eindruck entstanden sein, daß Korczak jeden geistigen Vorgriff auf die Zukunft des Kindes verurteilt. Dies trifft nicht zu. Er lehnt nur die Abwertung der Gegenwart zugunsten der Zukunft ab. Überlegungen, wie das Kind befähigt werden kann, in der Zukunft selbst einmal sein Leben zu gestalten, führten Korczak ja gerade dazu, ihm möglichst vielfältige Erfahrungen und selbständige Zugänge zu gestatten.


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Zum Abschluß der Ausführungen zur Überbehütung stellt er nämlich fest:

So ist das; noch liegt es an der Mutterbrust, und ich frage bereits, wie es zeugen und gebären wird. Das ist nämlich eine Frage, über die nachzudenken zwei Jahrzehnte nicht zu lang sind."[215] 

4.6.5 Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag und zu sein, wie es ist

Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag hängt eng mit dem Recht, zu sein, wie es ist, zusammen. Das letztere dient der Abwehr unangemessener Erwartungen, das erstere bezeugt das Eigenrecht des Kindes auf seine Zeit.[216] 

Die erste Annäherung an das Recht des Kindes auf den heutigen Tag erfolgt über die Beschreibung seiner alltäglichen Verletzung.

"Warum sollte denn das 'Heute' des Kindes schlechter und wertloser als sein 'Morgen' sein? [...] Und wenn dieses Morgen endlich da ist, warten wir erneut; denn die grundsätzliche Meinung, das Kind sei noch nichts, sondern werde erst etwas, es wisse noch nichts, sondern es werde erst etwas wissen, es könne noch nichts, sondern werde erst etwas können, zwingt uns ja zu ständigem Warten."[217] 

Dieses Warten bedeutet eine Mißachtung der Gegenwart des Kindes. Es bedeutet, die Defizite des Kindes zu betonen und seine Fähigkeiten und Leistungen abzuwerten: Es kann noch nicht laufen und sprechen; es lernt gerade erst lesen, schreiben und rechnen; es kann noch kein Englisch; es ist erst in der Mittelstufe usw..


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"Um der Zukunft willen wird gering geachtet, was es heute erfreut, traurig macht, in Erstaunen versetzt, ärgert und interessiert. Für dieses Morgen, das es weder versteht, noch zu verstehen braucht, betrügt man es um viele Lebensjahre."[218] 

Gerade, wenn man die Zukunft des Kindes ernst nimmt und vorbereiten will, muß man ihm in der Gegenwart Raum zum Leben lassen, den es selbst auszufüllen lernt.

"Wir sollten auch die gegenwärtige Stunde achten, den heutigen Tag. Wie soll es morgen leben können, wenn wir es heute nicht bewußt, verantwortungsvoll leben lassen?"[219] 

Dieses Eigenrecht des Kindes auf seine Zeit, auf den heutigen Tag hat der Erzieher gegen äußere Ansprüche zu verteidigen. Er ist bei Korczak also Anwalt des Kindes.

"Der Arzt hat das Kind dem Tod entrissen; Aufgabe des Erziehers ist es, das Kind leben zu lassen und ihm zu dem Recht zu verhelfen, Kind zu sein."[220] 

Doch kann der Erzieher sich nicht darauf beschränken, diese Anwaltschaft nach außen hin wahrzunehmen. Er ist auch hervorragender Bezugspunkt für die Kinder, er wird ange-fragt, ihnen aktiv Wege zu eröffnen, teilzuhaben an ihrem Leben und sie teilhaben zu lassen an seinem.

"[Erzieher und Kinder] kennen den Reichtum des inneren Lebens; er wartet darauf, daß die Kinder sich entwickeln, sie aber wollen wissen, welchen Gebrauch sie schon heute von diesem Reichtum machen können, ob der Erzieher mit ihnen teilen wird, was er besitzt oder ob er es für sich allein behalten will - dieser erhabene, neidische Egoist und Geizkragen. Er wird wieder kein Märchen erzählen, wieder nicht mit ihnen spielen, wieder nicht mit ihnen malen, ihnen wieder nicht helfen, ihnen wieder nichts zuliebe tun, 'er tut gnädig' und 'läßt sich bitten'."[221] 


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4.7 Verschiedenheit und Ungeschiedenheit

4.7.1 Die Verschiedenheit


[...] 

4.7.2 Die Ungeschiedenheit

Zu dem Thema der Verschiedenheit und Individualität aller Menschen gesellt sich bei Korczak ein zweites, ebenso radikal vertretenes. Ich bezeichne es als Ungeschiedenheit. Ich meine damit eine gewisse grundsätzliche Gleichheit aller Menschen. Der Ausdruck 'Gleichheit' ist logischer Natur und bedarf einer Einschränkung auf die Aspekte, die Untermenge von Eigen-


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schaften, auf die bezogen alle Menschen gleich sind. Aber auch mit einer geeigneten Einschränkung würde der Begriff 'Gleichheit' dem Thema 'Ungeschiedenheit' nicht gerecht, da es sich nicht nur um offensichtliche Gleichheiten handelt, sondern zusätzlich noch um die utopische Forderung nach Gleichberechtigung.

Ich habe den Begriff 'Ungeschiedenheit' in Anlehnung an das Verb 'scheiden' gewählt und meine damit den Zustand, wie etwas ist, bevor eine Scheidung vorgenommen wird. Bei einer Prüfung des Begriffs im Wörterbuch der Brüder Grimm stellte ich erfreut fest, daß der Begriff sogar in dieser Bedeutung belegt ist. Dort heißt es unter anderem "in der ungeschiedenen einheit VISCHER ästh. 2, 9; was ... ungeschieden ineinander verläuft 3, 1, 22; vom ungeschiedenen ausgehend und zum ungeschiedenen, der absoluten einheit, hinstrebend, diesen Weg durch Trennung zurückzulegen W. v. HUMBOLDT 4, 21".[234] 

Ein weiterer Aspekt ist die relative Gleichheit aller Menschen angesichts der Begrenztheit des menschlichen Verstandes, seines Ringens um Sittlichkeit und seiner Demut angesichts der Weite des Alls und der Fülle der Natur.[235] 

Ich möchte in vierfacher Hinsicht die Argumentation Korczaks zur Ungeschiedenheit - insbesondere der von Erwachsenen und Kindern - darlegen. Als erstes zeige ich die Gleichwertigkeit. Im zweiten und dritten Schritt betone ich die wechselseitige Vergleichbarkeit von Erwachsenen und Kindern, die auf eine zugrundeliegende Gleichheit verweist, da als Voraussetzung einer Vergleichbarkeit zumindest eine partielle Gleichheit vorliegen muß. Dabei arbeite ich die Aspekte heraus, unter denen Korczak Erwachsene und Kin-der als gleich be-


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trachtet. Im vierten Schritt gehe ich der Frage nach, wie und warum die Erwachsenen diese Ungeschiedenheit bestreiten und verdrängen. 


[...] 

4.7.3 Verschiedenheit und Ungeschiedenheit in ihrer Bedeutung für die Pädagogik

Die Bedeutung der Themata Verschiedenheit und Ungeschiedenheit für die Pädagogik klang an einigen Stellen schon an. Der besondere Teilbereich der 'Verschiedenheit eines Menschen in der Zeit' wurde wichtig für das Kapitel über den Tod; die 'Verschiedenheit aller Menschen' zeigt die Bedeutung der Individualität und wurde im Kapitel über den Machbarkeitswahn gestreift[255] und im Kapitel über die Unmöglichkeit allgemeiner Vorschriften[256] genauer ausgeführt. Die Auswirkungen der Verschiedenheit aller Menschen auf das pädagogische Konzept Korczaks wird in den folgenden Kapiteln dargelegt.

4.7.3.1 Gerechtigkeit

Es gibt viele verschiedene Vorstellungen von Gerechtigkeit. Sie reichen von der einfachen Gleichbehandlung (allen gleich viel) über bestimmte festgelegte Privilegien bis zur bedürfnisorientierten Verteilung (jedem nach seinen Bedürfnissen). Erwachsene haben bestimmte Vorstellungen von Gerechtigkeit, und manche dieser Vorstellungen berücksichtigen grundsätzlich oder in der Umsetzung zuwenig die Verschiedenheit der Kinder.

"Wenn ein Erwachsener das Spiel leitete, so würde er eine Reihenfolge und die anscheinend gerechte Rollenverteilung festlegen, und er würde in der Meinung, Hilfestellung zu leisten, Zwang ausüben. Zwei Kinder, fast immer sind es dieselben, laufen um den Kreis herum (Katze und Maus), sind Hauptfiguren beim Käferspielen und beim Körbchenwählen, und die übrigen langweilen sich wohl? Das eine guckt zu, das andere lauscht ange-spannt, das dritte singt erst leise, dann mit halber Stimme und schließlich aus voller Kehle, das vierte hat wohl Lust mitzuspielen, aber es zögert, und das Herz schlägt ihm bis zum Hals. Aber der zehnjährige Anführer schätzt das alles psychologisch richtig ein, er hat den richtigen Überblick und beherrscht die Situation."[257] 


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Ich würde nicht behaupten, daß es immer klappt, wenn Kinder z.B. ihr Spiel selbst organisieren, und auch Korczak ist sich der Grenzen wohl bewußt.[258] Aber zumindest läßt sich festhalten, daß die individuellen Bedürfnisse und die jeweilige Situation immer neu bedacht und berücksichtigt und die eigenen Ansprüche auf ihre Angemessenheit hin hinterfragt werden müssen und daß manchmal ein Zusammenwachsen der Kinder in einem längeren Prozeß notwendig ist und Gerechtigkeit im Miteinander entsteht, statt von einem neutralen Richter von außen her verordnet zu werden.[259] 

4.7.3.2 Das Verhältnis von Recht und Gnade

Die Zubilligung von Rechten an Kinder steht für Korczak in der Kontinuität der Reformen, die die Gleichberechtigung aller Menschen fordern. Vieles, was Kinder erhalten, ist ihr gutes Recht und wird ihnen von den Erwachsenen doch nur als Almosen oder als Akt der Gnade zugestanden.[260] 

"Es gab einen Augenblick in der Geschichte, wo die Reformatoren verkündeten, daß das Kind nicht das ausschließliche Eigentum des Vaters sei, daß er nicht das Recht habe, es zu verkaufen, zu töten oder aufzuessen.

Und man war empört:

-Wie denn? Ich habe es ins Leben gerufen und habe kein Recht auf das Kind? - Wahnsinn!

-Wie denn? Eine selbständige Frau? - Unsinn.


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-Ein Jude - ein Bürger? - Blödsinn.

-Diskussionen und Verträge mit einem Lohnarbeiter? Mätzchen."[261] 

Für Korczak gibt es gar keine Zweifel. Kinder sind Menschen, und als solche gebührten ihnen ein wohlbestimmter Anteil des Reichtums, den Menschen auf dieser Erde erwerben.[262] 

"Ein Drittel der Menschheit sind Kinder und Jugendliche, ein Drittel des Lebens ist die Kindheit. Kinder werden nicht erst zu Menschen - Kinder sind bereits welche.

Von den Erträgen und Reichtümern der Welt gehören ihnen ein Drittel - und dies zu Recht und nicht aus Gnade. Die Früchte eines Drittels der siegreichen Gedanken der Menschheit gehört ihnen."[263] 

Diese Rechte der Kinder sieht Korczak so elementar verletzt, daß die bestehenden Gesetze überarbeitet müssen, um ihnen und den veränderten Lebensbedingungen gerecht zu werden.

"Es hat sich vieles verändert; die alten Gesetze bedürfen einer Revision. Wir [die Erwachsenen] sind reich geworden. [...] Machen wir Bilanz, berechnen wir, wieviel dem Kinde danach vom Gesamteinkommen zusteht, wieviel ihm als sein rechtmäßiger Anteil nicht aus Gnade und nicht als Almosen zukommt. Prüfen wir redlich, wieviel wir davon dem Volk der Kinder, der Nation der Minderjährigen, der Klasse der Fronenden überlassen. Wie groß ist ihr Erbteil, wie soll es aufgeteilt werden; haben wir sie nicht - wie ein unredlicher Vormund - enterbt und enteignet?"[264] 


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Dabei genügt es nicht, es bei Soll-Bestimmungen zu belassen oder an den guten Willen zu appellieren.

"Die Genfer Gesetzgeber[265] haben das Verhältnis von Pflichten und Rechten verwechselt; der Tenor ihrer Deklaration ist Überredung, nicht Forderung: ein Appell an den guten Willen, eine Bitte um Einsicht."[266] 

4.7.3.3 Miteinander leben

Die Forderung nach der Gleichberechtigung der Kinder hat Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Leben. Dabei erstrebt Korczak kein durch Verrechtlichung geprägtes Verhältnis, in dem die Rechte und Pflichten beider Seiten dezidiert festgelegt sind, sondern eine ständige Abwägung der Rechte beider Teile der Beziehung. Konflikte bleiben hierbei nicht aus und bilden gerade den Angelpunkt der Erziehung und der Selbsterziehung.

Die Konflikte beginnen schon im Säuglingsalter.

"Früher Morgen, sagen wir fünf Uhr. Das Kleine ist fröhlich aufgewacht, plappert, greift mit seinen Händchen hierhin und dorthin, richtet sich auf, stellt sich hin. Die Mutter will noch schlafen.

Ein Konflikt zweier Wünsche, zweier Bedürfnisse, zweier widerstreitender Egoismen; die dritte Phase desselben Prozesses: die Mutter leidet Schmerzen, und das Kind wird zur Welt gebracht; die Mutter möchte sich nach der Geburt ausruhen, das Kind fordert Nahrung; die Mutter will schlafen, das Kind möchte wach sein; so wird das weitergehen. Das ist keine Bagatelle, sondern ein Problem [...]."[267] 

Korczak schildert zwei häufige Varianten: Die reiche Mutter überläßt das Kind einer bezahlten Pflegerin, ohne einzugeste-


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hen, daß sie die Mühe der Betreuung nicht auf sich nehmen will. Es kann auch sein, daß sie dem Kind ihren Schlaf opfert, aber dafür das Kind in unangemessener Weise an sich bindet."[268] Korczak bietet keine einfache Lösung an, sondern weist nur darauf hin, daß schon hier eine Vermittlung gefunden werden muß und daß die Art der Konfliktbe-wältigung fortan das Miteinanderleben entscheidend mitbestimmen wird.

"Das kindliche 'Gib her', und sogar die nur wortlos ausgestreckte Hand müssen auf unser 'Nein' stoßen; und von diesem ersten 'Du bekommst es nicht', 'das kann man nicht', 'das ist verboten' hängt ein sehr großes Stück Erziehung ab.

Die Mutter will diese Frage beiseiteschieben; sie möchte das alles - bequem und schwachherzig - lieber auf die lange Bank schieben, auf später vertagen. Sie möchte nicht wahrhaben, daß sich in der Erziehung der tragische Zusammenstoß von unbilligen, nicht realisierbaren und unreifen Wünschen mit einem auf Erfahrung beruhenden Verbot nicht vermeiden läßt; und ebensowenig kann der noch weit tragischere Zusammenprall von zwei verschiedenen Wünschen, von zwei Rechten auf einem gemeinsamen Aktionsfeld vermieden werden. [...] Wir müssen die Grenzen seiner und meiner Rechte abstecken."[269] 

Dieses "Nein" ist für Korczak nicht nur aus praktischen Gründen geboten. Bis zu einem gewissen Grad bedeutet es auch, das Kind als vollwertigen Partner - auch in seinem Wollen, auch im Streit anzusehen. Diese Sichtweise läßt es nämlich nicht zu, das "Nein" durch Tricks oder Ablenkungen zu umgehen. Das Kind hat gewissermassen ein Recht darauf, nicht nur seine Freiheit und seinen Willen, sondern auch die Grenzen der Freiheit und den Willen des Anderen zu erfahren. Nicht umsonst gibt es in der praktischen Erziehung häufig Situationen, in denen Kinder oder Jugendliche provozieren, um die Grenzen ihrer Freiheit auszuloten.[270] 


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"Das Kleine langt nach einem Glas, die Mutter küßt die ausgestreckte Hand. Das nützt nichts, sie gibt ihm die Klapper. Und als auch das nicht weiterhilft, läßt sie das verführerische Objekt verschwinden. Wenn nun das Kleine die Hand wegzieht, die Klapper fortwirft, mit seinen Blicken nach dem versteckten Gegenstande sucht und die Mutter ärgerlich ansieht, dann frage ich mich, wer nun recht hat: die Mutter, die ihr Kind überlistet, oder das Kind, das ihr trotzt?

Wer die Frage von Verboten und Geboten nicht gründlich durchdenkt, solange es nur wenige sind, ist verloren, sobald ihre Zahl größer wird."[271] 

Aus dem bisher Gesagten ergeben sich zumindest einige grundsätzliche Bedingungen, die an eine solche Antwort auf die Frage nach Geboten und Verboten zu stellen sind:

Einerseits sollte es sich um Regeln handeln, die in einer gewissen Kontinuität angewandt werden, um durchschaubar zu sein. Andererseits sollte jeweils die Einzigartigkeit der Menschen in der Situation berücksichtigt werden. Diese Spannung läßt sich begrifflich fassen in zeitlos gültigen, einander beschränkenden Rechten und der jeweiligen Anwendung dieser Rechte auf eine konkrete Situation, die ja immer eine Deutung der Situation und eine Auslegung der Rechte auf die Situation hin erfordert.[272] 


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"In unserer Trägheit wäre es uns lieb, wenn keines der Kinder uns jemals Mühe machte, und wenn von den zehntausend Sekunden einer Schulstunde (bitte nachzählen) keine einzige schwierig wäre. Warum ist ein Kind für einen Erzieher gut, den anderen böse? Wir verlangen eine Uniform der Tugenden und Momente, und das auch noch nach unserem Gutdünken und unseren Vorstellungen."[273] 

Außerdem muß hier betont werden, daß erzieherisches Handeln immer der Möglichkeit unterliegt, zu scheitern und unerwartete Wirkungen hervorzurufen, und sich letztendlich jedem Kalkül entzieht.

Im Zusammenhang mit dem Versuch der Erwachsenen, die Welt zu erfassen und sich gegen Risiken wie Feuer und Überschwemmungen zu versichern, schreibt Korczak:

"Wenn wir uns zu Herren eines Geheimnisses gemacht haben, so fassen wir es in objektive mathematische Formeln; andere Geheimnisse, denen wir ratlos gegenüberstehen, machen uns kopfscheu und erregen uns. [...] Frühling und Herbst sind uns vertraut. Um den Menschen aber ringen wir vergebens; da wir ihn nicht kennen, verstehen wir es auch nicht, unser Leben mit dem des Mitmenschen zu einer harmonischen Übereinstimmung zu führen."[274] 

4.7.3.4 Eigene Wege gehen

Eine weitere Konsequenz aus der radikalen Betonung der Verschiedenheit ist die Notwendigkeit, sich eigene Gedanken zur Wirklichkeit zu machen und die Last, immer neu eigene Wege zu wählen, auf sich zu nehmen. Korczak zieht diese Konsequenz aus der Erfahrung, daß die fremden Meinungen trügerisch sind.[275] Dieser Trug liegt weniger in jenen fremden Meinungen selbst begründet als vielmehr in der Nichtübertragbarkeit der Erfahrungen. Letztendlich muß jeder seine


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eigene Wahrheit finden[276] . Ich möchte sogar so weit gehen, zu sagen, daß in derselben Situation mit demselben Kind ein anderer Erwachsener oftmals auch anders handeln muß, da ja die Beziehung des Erwachsenen und des Kindes und die Persönlichkeit und Ausstrahlung des Erwachsenen eine andere sind.

"Ich befürchte, die Leser könnten geneigt sein, mir Glauben zu schenken. Dann würde dieses Buch ihnen zum Schaden gereichen. Deshalb erhebe ich mahnend meine Stimme: Der Weg, den ich zu meinem Ziel hin eingeschlagen habe, ist weder der kürzeste noch der bequemste; für mich jedoch ist er der beste, weil es mein eigener Weg ist. Nicht ohne Mühe und nicht ohne Schmerz habe ich ihn gefunden, und auch erst dann, als ich begriffen hatte, daß alle Bücher, die ich studiert hatte, daß die Erfahrungen anderer und fremde Meinungen trügerisch waren."[277] 

4.7.3.5 Die Polarität von Verschiedenheit und Ungeschiedenheit

Im Verlauf dieses großen Kapitels hat sich gezeigt, daß sich Korczaks radikale Betonung der Verschiedenheit aller Menschen und der eines Menschen im Lauf seines Lebens gleichzeitig mit seiner radikalen Forderung nach der Aufhebung der Scheidung zwischen Erwachsenen und Kindern im alltäglichen Leben verträgt. Diese beiden Themata stehen nicht etwa einander als Antagonismen entgegen, sondern sie ergänzen sich.

Dennoch besteht zwischen ihnen eine Spannung. Die Verschiedenheit hängt eng mit der Unergründlichkeit des Menschen und der Welt zusammen, die Ungeschiedenheit hingegen ist mit der Begegnung im Buberschen Sinne verknüpft, da sie jenseits aller Scheidungen den latenten Beziehungscharakter betont.


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Zu derselben Spannung kommt es bei einer einenden oder scheidenden Betrachtung der Zeit.

Die Ungeschiedenheit der Augenblicke entspricht dabei der der Menschen als gleichberechtigte Wesen, die Verschiedenheit aller Augenblicke der der Menschen als einzigartige Individuen.

Doch führt bei der Zeit das Bewußtsein des Todes den Gestaltwandel herbei: Ohne Wissen um den Tod sind alle Augenblicke gleichwertig und das Leben ein Kreis, im Bewußtsein der Sterblichkeit gewinnt jeder Augenblick seine Würde in seiner Unwiederbringlichkeit.


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[...] 

7 Verzeichnis der Siglen

dkdb Korczak, Janusz: Die Kinder der Bibel. Aus dem Polnischen von S. Sachs. Mit einem Nachwort von E. Dauzenroth und A. Hampel. (GTS 1044) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 21986

drdkaa Korczak, Janusz: Das Recht des Kindes auf Achtung. Hrsg. von E. Heimpel und H. Roos. Aus dem Polnischen von A. Droß. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 41988

vdk Korczak, Janusz: Verteidigt die Kinder! Mit einem Vorwort von E. Dauzenroth und A. Hampel. Aus dem Polnischen von W. Grycz und I. R. Wompel. (GTS 1020) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 31987

vkuav Korczak, Janusz: Von Kindern und anderen Vorbildern. Mit einem Vorwort von P. Härtling und einer Einleitung von E. Dauzenroth und A. Hampel. Aus dem Polnischen und Englischen von B. Bayer-Faber und I. R. Wompel. (GTS 1084) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 11985

wmekls Korczak, Janusz: Wie man ein Kind lieben soll. Hrsg. von E. Heimpel und H. Roos. Mit einer Einleitung von I. Newerly. Aus dem Polnischen von A. Droß. Göttingen: Van-denhoeck und Ruprecht 101992


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8 Literaturverzeichnis

Affolter, Félice: Wahrnehmung, Wirklichkeit und Sprache. Villingen/Schwenningen: Neckar-Verlag 1987

Barkow, Nick: Das Lied vom traurigen Sonntag. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 1988

Beavoir, Simon de: Die Welt der schönen Bilder. Aus dem Französischen von H. Stiehl. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 1971

Beiner, Friedhelm: Janusz Korczak. Ein Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik? Mit einem Vorwort von J. Ziegenspeck. (Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik) Lüneburg: Neubauer 1987

Ben-Chorin, Schalom: Narrative Theologie des Judentums anhand der Pessach-Haggada. Jerusalemer Vorlesungen. Tübingen: Mohr 1985

Bittner, Günther: Erziehung aus der Sicht der Medizin.
In: Handbuch Pädagogischer Grundbegriffe. Band I. Hrsg. von J. Speck und G. Wehle. München; Kösel 1970, 383-392

Bollnow, Otto Friedrich: Anthropologische Pädagogik. Bern, Stuttgart: Haupt 31983

Bollnow, Otto Friedrich: Buchbesprechung zu Janusz Korczak: Wie man ein Kind lieben soll.
In: Universitas 25(1970)2, 197-201

Bollnow, Otto Friedrich: Das Doppelgesicht der Wahrheit. Philosophie der Erkenntnis, Zweiter Teil. Stuttgart u.a.: Kohlhammer 1975

Bollnow, Otto Friedrich: Dilthey. Eine Einführung in seine Philosophie. Leipzig, Berlin: Teubner 1936

Bollnow, Otto Friedrich: Sprache und Erziehung. Stuttgart u.a.: Kohlhammer 1966

Bollnow, Otto Friedrich: Studien zur Hermeneutik, Band I.: Zur Philosophie der Geisteswissenschaften. Freiburg, München: Alber 1982

Bollnow, Otto Friedrich: Wesen und Wandel der Tugenden.Frankfurt/Main u.a.: Ullstein 1975


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Brezinka, Wolfgang: Von der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft. Eine Einführung in die Metatheorie der Erziehung. Weinheim, Basel: Beltz 31975

Buber, Martin: Das Dialogische Prinzip. Heidelberg: Lambert Schneider 1979

Buber, Martin: Die Stunde und die Erkenntnis. Reden und Aufsätze 1933-1935. Berlin: Schocken Verlag 1936

Buber, Martin: Reden über Erziehung. Heidelberg: Lambert Schneider (1953) 71986

Buber, Martin: Schuld und Schuldgefühle. Heidelberg: Lambert Schneider 1958

Buber, Martin: Werke. Erster Band: Schriften zur Philosophie. Heidelberg: Lambert Schneider / München: Kösel 1962

Bultmann, Christoph: Der Fremde im antiken Juda. Eine Untersuchung zum sozialen Typenbegriff "ger" und seinem Bedeutungswandel in der alttestamentlichen Gesetzgebung. (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testamentes 153). Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1992

Dauzenroth, Erich: Ein Leben für Kinder. Janusz Korczak, Leben und Werk. 3., durchgesehene Auflage. (Gütersloher Taschenbücher 1042) Gütersloh: Gütersloher Verlags- Haus Mohn 31992

Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Band 4/ Vierten Bandes Erste Abteilung. Erste Hälfte. (Fotomechanischer Nachdruck der Erstausgabe, Leipzig: S.Hirzel 1878) Gütersloh: Bertelsmann 1991

Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Band 24/ Elfter Band, III. Abteilung. (Fotomechanischer Nachdruck der Erstausgabe, Leipzig: S.Hirzel 1936) Gütersloh: Bertelsmann 1991

Die fünf Bücher der Weisung. (Die Schrift Band 1) Verdeutscht von M. Buber gemeinsam mit F. Rosenzweig. (Lizenzausgabe der 11., verb. Aufl. der neubearbeiteten Ausgabe von 1954, Gerlingen: Lambert Schneider 1987) Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992


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Dienelt, Karl: Pädagogische Anthropologie. München, Basel: Reinhardt 1970

Dietz, Gerhard: Janusz Korczaks "Recht des Kindes auf seinen Tod" - nach wie vor eine grosse Herausforderung für Eltern und Pädagogen.
In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete. Fribourg/Schweiz: Heilpäd. Inst. der Universität 61(1992)443-450

Dilthey, Wilhelm: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften. Wilhelm Diltheys gesammelte Schriften, VII. Band. Hrsg. v. Bernhard Groethuysen. Leipzig, Berlin: Teubner 1927

Eliade, Mircea: Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen. Frankfurt/Main: Insel 21985

Eliade, Mircea: Kosmos und Geschichte. Der Mythos der ewigen Wiederkehr. (Suhrkamp Taschenbuch 1273) Frankfurt/Main: Suhrkamp 1986

Eliot, Thomas S.: Die Cocktailparty.
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Erben, Johannes: Deutsche Grammatik. Ein Abriß. (1972) München: Max Hueber 121980

Erikson, Erik H.: Identität und Lebenszyklus. Drei Aufsätze. Übersetzt von Käte Hügel (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 16) Frankfurt/Main: Suhrkamp 11973

Erziehung in der Gegenwart. Zur aktuellen Bedeutung der pädagogischen Praxis und Theorie Janusz Korczaks. Hrsg. von K. Ermert. (Loccumer Protokolle 60/1987) Rehburg-Loccum: Ev. Akademie Loccum 11988

Flitner, Wilhelm: Allgemeine Pädagogik. Frankfurt/Main u.a.: Ullstein 1980

Frost, Ursula: Sucht als Weltverschlossenheit, Ansätze zu einem pädagogisch-anthropologischen Suchtbegriff.
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Gerner, Berthold: Einführung in die pädagogische Anthropologie. Mit einem Nachwort zur zweiten, unveränderten Aufl.. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesell-schaft 21986

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Hesse, Herman: Demian. Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend. (Suhrkamp Taschenbuch 206) Frankfurt/Main: Suhrkamp 11974

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Humboldt, Wilhelm von: Anthropologie und Bildungslehre. Herausgegeben von A. Flitner. Zweite, durchgesehene Aufl.. Düsseldorf, München: H. Küpper (vormals G. Bondi) 21964

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Janusz Korczak. Ansprachen anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels. Bibliographie des Preisträgers. Frankfurt/Main: Börsenverein des deutschen Buchhandels e.V. 1972

Janusz Korczak. Pädagogik der Achtung. Tagungsband zum Dritten Internationalen Wuppertaler Korczak- Kolloquium. Hrsg. von F. Beiner. Heinsberg: Agentur Dieck 1987


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Janusz Korczak. Zeugnisse einer lebendigen Pädagogik. Vierzig Jahre nach seinem Tod. Referate des Ersten Wuppertaler Korczak-Kolloquiums. Hrsg. von F. Beiner. Heinsberg: Agentur Dieck 1982

Kahn, Gérard: Janusz Korczak und die jüdische Erziehung. Janusz Korczaks Pädagogik auf dem Hintergrund seiner jüdischen Herkunft. Mit einem Vorwort von J. Oelkers. Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1992

Kirchhoff, Hella: Dialogik und Beziehung im Erziehungsverständnis Martin Bubers und Janusz Korczaks. Frankfurt/Main: Haag und Herchen 1988

Kluge, Norbert / Oberfrank, Waltraud: Elterliche Spieleingriffe und kindliches Spielverhalten auf Gerätespielplätzen.
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Korczak, Janusz: Allein mit Gott. Gebete eines Menschen, der nicht betet. Aus dem Polnischen von W. Grycz. Mit einem Nachwort von E. Dauzenroth und A. Hampel. (GTS 1297) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 41991

Korczak, Janusz: Begegnungen und Erfahrungen. Kleine Essays. Aus dem Polnischen von R. Roos und N. Kozlowski. Mit einer Einführung zu "Eine Schule für das Leben" von H. Roos. (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1372) Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 41991

Korczak, Janusz: Das Kind lieben. Ein Lesebuch von E. Dauzenroth und A. Hampel. Aus dem Polnischen von K. Dedecius, A. Droß, W. Grycz, W. Lipscher und K. Weintraub. Aus dem Hebräischen von S. Sachs. Frankfurt/Main: Suhrkamp 31988

Korczak, Janusz: Das Recht des Kindes auf Achtung. Hrsg. von E. Heimpel und H. Roos. Aus dem Polnischen von A. Droß. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 41988

Korczak, Janusz: Der kleine Prophet. Eingeleitet und herausgegeben von E. Dauzenroth. Aus dem Polnischen von S. Nowak. (GTS 1101) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 1988


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Korczak, Janusz: Die Kinder der Bibel. Aus dem Polnischen von S. Sachs. Mit einem Nachwort von E. Dauzenroth und A. Hampel. (GTS 1044) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 21986

Korczak, Janusz: König Hänschen I. Aus dem Polnischen von K. Weintraub. Mit einem Nachwort von E. Heimpel. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1973

Korczak, Janusz: Tagebuch aus dem Warschauer Ghetto 1942. Vorworte von F. Beiner und I. Newerly. Aus dem Polnischen von A. Droß. (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1562) Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1992

Korczak, Janusz: Verteidigt die Kinder! Mit einem Vorwort von E. Dauzenroth und A. Hampel. Aus dem Polnischen von W. Grycz und I. R. Wompel. (GTS 1020) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 31987

Korczak, Janusz: Von der Gammatik und andere pädagogische Texte. Mit einem Anhang: Erinnerungen seiner Schüler. Aus dem Polnischen von B. Hiller, R. Debska und M. Lax. Herausgegeben von F. Beiner und E. Lax-Höfer. Heinsberg: Agentur Dieck 1991

Korczak, Janusz: Von Kindern und anderen Vorbildern. Mit einem Vorwort von P. Härtling und einer Einleitung von E. Dauzenroth und A. Hampel. Aus dem Polnischen und Englischen von B. Bayer-Faber und I. R. Wompel. (GTS 1084) Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus Mohn 11985

Korczak, Janusz: Wenn ich wieder klein bin und andere Geschichten von Kindern. Aus dem Polnischen von I. Boll und M Wójcicki. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1973

Korczak, Janusz: Wie man ein Kind lieben soll. Hrsg. von E. Heimpel und H. Roos. Mit einer Einleitung von I. Newerly. Aus dem Polnischen von A. Droß. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 101992

Korczak, Janusz: Wladek. Aus dem Polnischen von A. Wolf. München: Knaur (Ohne Jahr.)


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Krone, Wolfgang: Erziehung unter dem Radikalanspruch mitmenschlicher Verantwortung. Überlegungen zur Verantwortungsproblematik im Spätwerk Martin Bubers aus pädagogischer Sicht. Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1992

Kuhn, Thomas S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Aus dem Amerikanischen von K. Simon. (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 25) Frankfurt/Main: Suhrkamp 21976

Lao-tse: Tao-Tê-King. Das Heilige Buch vom Weg und von der Tugend. Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen von G. Debon. Stuttgart: Philipp Reclam 21979

Nadolny, Sten: Selim oder die Gabe der Rede. Roman. München: Piper 1990

Okon, Wincenty: Janusz Korczak und sein pädagogisches System.
In: Die Deutsche Schule. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Bildungspolitik und pädagogische Praxis. Weinheim 74(1982)1, 146-155

Pelz, Monika: "Nicht mich will ich retten!" Die Lebensgeschichte des Janusz Korczak. Weinheim, Basel: Beltz 1985

Pelzer, Wolfgang: Janusz Korczak mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt 1987

Ritzel, Wolfgang: Methoden: Hermeneutische Verfahren in der Erziehungswissenschaft.
In: Handbuch Pädagogischer Grundbegriffe. Band II. Hrsg. von J. Speck und G. Wehle. München; Kösel 1970, 163-177

Rousseau, Jean-Jacques: Emile oder über die Erziehung. Hrsg., eingel. und mit Anm. versehen von M. Rang. Aus dem Französischen von E. Sckommodau unter Mitarbeit von M. Rang. Stuttgart: Philipp Reclam 1963

Slaby, Rudolf J. / Grossmann, Rudolf: Wörterbuch der Spanischen und Deutschen Sprache, 1.: Spanisch- Deutsch, Wiesbaden: Brandstetter 41975


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Storck, Christoph: Die Besonderheit der "Narrativen Pädagogik" Janusz Korczaks.
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Studien zur kognitiven Entwicklung. Hrsg. von J. S. Bruner, R. R. Olver, P. M. Greenfield u.a.. Stuttgart: Klett 1971

Wolf, Christa: Kassandra. Erzählung. Darmstadt, Neuwied: Luchterhand 31986

Zweites Wuppertaler Korczak-Kolloquium 1984. Korczak- Forschung und Rezeption. Hrsg. von F. Beiner. Wuppertal: Universitäts-Druck 1984


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[...] 

Fußnoten:

[ 1] wmekls 151. (Ein Verzeichnis der Siglen findet sich am Ende dieser Arbeit.) Vergl. auch Kap. 4.7.3.4.

[ 2] Den Begriff 'Thema' verwende ich in Anlehnung an Holtons Konzept einer thematischen Analyse. Holton ist Wissenschaftshistoriker und bezeichnet mit dem Begriff 'Thema' "tiefe, vorgefaßte Anschauungen" eines Forschers. (Holton: Thematische Analyse der Wissenschaft, 8.) Damit läßt sich der Begriff 'Thema' zwischen Kuhns Begriff 'Paradigma' und dem literatur- und musikwissenschaftlichen Fachausdruck 'Motiv' ansiedeln.

[ 3] Kahn: Janusz Korczak und die jüdische Erziehung, 129.

[ 4] wmekls 77f

[192] Vergl. z.B. Beiner:Janusz Korczak. Ein Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik?, 14f und 24; Walter Fleischer: Janusz Korczak, ein Sicherheits-Erzieher? in: Zweites Wuppertaler Korczak-Kolloquium, 178-190.

Positiv davon heben sich besonders Dietz: Janusz Korczaks "Recht des Kindes auf seinen Tod" - nach wie vor eine grosse Herausforderung für Eltern und Pädagogen und Franco H. O. Rest:Das Recht des Kindes auf seinen Tod Die Bedeutung Janusz Korczaks für die Erziehung in der Sterblichkeit sowie Ferdinand Klein: Wahrnehmen und Handeln im Geiste Janusz Korczaks am Beispiel des behinderten Kindes angesichts seines Sterbens (in: Zweites Wuppertaler Korczak-Kolloquium 174-185) ab. Dietz betont insbesondere die Bedeutung des Augenblicks, der gestaltet werden muß. Rest zieht Verbindungen zu Rosenzweigs Stern der Erlösung und betont die Selbsterziehung angesichts der Sterblichkeit als Aufgabe aller Menschen. Klein weist darauf hin, daß Korczaks Auffassung vom Recht des Kindes auf seinen Tod sich für die Sterbebegleitung behinderter Kinder als hilfreich erwiesen hat.

[193] Es läßt sich über das Recht des Kindes auf seinen Tod leichter sprechen als es ernst nehmen. Die Ängste, die Eltern haben, sind (mir) nur zu verständlich. Als Arzt waren Korczak sowohl der Tod von Kindern als auch die Unfähigkeit der Eltern, ihre Kinder sterben zu lassen, vertraut.

[194] Die besondere Bedeutung der Magna Charta lag nicht so sehr in den einzelnen gesetzlichen Festlegungen als vielmehr darin, daß der König sich verpflichtete, sich dem Gesetz zu unterwerfen, statt über ihm zu stehen. In Analogie dazu beinhaltet Korczaks Magna Charta wohl auch, daß sich Erwachsene wie Kinder einer gemeinsamen 'Rechtsordnung' verpflichten sollten und die Erwachsenen sich nicht über die gemeinsamen Regeln hinwegsetzen sollten.

[195] wmekls 40

[196] Diese Stelle wird in Kapitel 4.3.2 wiedergegeben und besprochen.

[197] wmekls 41

[198] Ein denkbares Motiv hierfür ist auch, daß die Mutter ihr Kind als ihren Besitz betrachtet. In manchen Fällen mag dieses Motiv zutreffen. Doch reicht es nicht als Begründung dafür, wieso Korczak ausgerechnet das Recht des Kindes auf seinen Tod verlangt.

[199] Ich möchte dieses Wort hier mit seinen etymologischen Verbindungen zu 'edel' und 'veredeln' verstanden wissen.

[200] drdkaa 28

[201] Vergl. auch Wolf:Kassandra, 26:

"Nie war ich lebendiger als in der Stunde meines Todes, jetzt.

Was ich lebendig nenne? Was nenne ich lebendig. Das schwierigste nicht scheuen, das Bild von sich selbst ändern."

[202] drdkaa 28. Aus dem Kontext ist erkennbar, daß mit dem 'Verletzen' und 'Töten' des Augenblicks das Eilen und Hetzen und das Nichtbeachten der Bedürfnisse des Kindes gemeint sind.

[203] Hier ist ein Berührungspunkt von Korczak und Buber. Bubers Vorstellung von einer Situation, die wie eine Frage an den ganzen Menschen herantritt und nach einer Antwort heischt, die durch eine Antwort vollendet werden muß, die verantwortet werden muß, hat für das Leben dieselben Auswirkungen wie Korczaks Konzept eines einzigartigen, unwiederbringlichen Augenblicks. Allerdings steht hinter Korczaks Konzept das Paradigma der Einzigartigkeit oder Verschiedenheit und hinter Bubers das Paradigma der Dialogik.

[204] Dasselbe Motiv behandelt Eliot in seinem Drama Die Cocktailparty, 238.

"Ach, aber wir sterben füreinander jeden Tag.
Was wir von anderen wissen,
Ist nur unsere Erinnerung an Momente,
In denen wir sie kannten. Und seitdem haben sie sich verändert.
Anzunehmen, sie und wir seien dieselben,
Ist eine nützliche und bequeme gesellschaftliche Konvention,
Die manchmal durchbrochen werden muß.
Uns sollte stets gegenwärtig sein,
Daß wir bei jeder Begegnung einen Fremden treffen."

[205] Kapitel 4.7.

[206] wmekls 41

[207] wmekls 43

[208] wmekls 42. Korczak bezieht sich auf die kommenden Wirren der Pubertät.

[209] wmekls 47f. Die Schilderung der Erlebnisse des kleinen Jedrek sind wirklich lesenswert und durchaus realistisch. (Übrigens finden sich einige Bemerkungen über die angemessene Gestaltung von Kinderzimmern unter wmekls 90f.)

[210] wmekls 44

[211] drdkaa 10

[212] wmekls 59

[213] drdkaa 13

[214] wmekls 40, vergl. auch drdkaa 29f.

[215] wmekls 44

[216] Ich sehe in ihm eine Konsequenz aus der Wertschätzung des Augenblicks.

[217] wmekls 44

[218] wmekls 45

[219] drdkaa 28

[220] drdkaa 35

[221] drdkaa 20f

[234] Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band 24, 833.

[235] Inwieweit Korczak sich auf Gott bezieht, läßt sich schwer überblicken. Kahn versucht eine Interpretation unter Bezug auf Korczaks Religiosität, die er in der Ehrfurcht vor dem Leben begründet sieht (128). Letztendlich konvergieren bei Korczak meiner Ansicht nach die Demut im All, die Ehrfurcht vor dem Leben, das Ringen um Sinn und das Bewußtsein eines geistigen Zusammenhangs in der Welt. Vergl. auch Kapitel 4.4.1, insbesondere das erste Zitat, wmekls 3f.

[255] Kapitel 4.4.3.

[256] Kapitel 4.7.1.2.

[257] wmekls 93. Vergl. auch Kapitel 4.3.4.

[258] Vergl. hierzu Korczaks Ausführungen über Langeweile, wmekls 86. Storck verweist auf Korczaks Erfahrungen in den Sommerkolonien und stellt fest, "daß Kinder Ordnungen, in denen sie ihr Glück finden, sozusagen naturwüchsig oder selbstreguliert schon entwickeln lernen, wird von Korczak keineswegs vorausgesetzt. [...] Damit zeigt sich, daß einmal ein Hauptanliegen des Erziehers ist, den Kindern bei Herstellung ihrer Ordnung Hilfestellung zu leisten [...]." (381, Hervorhebung im Original.)

[259] Hier begegnen sich die Figur des unbeteiligten Richters und die des souveränen Erziehers, die selbst nicht betroffen sind von den Geschehnissen. Doch weder in der Familie noch in der Heimerziehung ist diese Haltung möglich und sinnvoll.

[260] Prof. Trauzettel sagte einmal beiläufig in seiner Vorlesung zur Geschichte der chinesischen Philosophie, daß Begnadigungen einem demokratischen Rechtsstaat wesensfremd seien, da niemand in voller Souveränität über dem Recht stehen könne.

[261] vkuav 105f. Vergl. hierzu auch wmekls 74 und drdkaa 24.

[262] Diese Gedanken haben heute eine andere, weittragende Dimension erhalten. Zum einen tragen gerade die Kinder in der dritten Welt die Armut mit, zum anderen werden die Kinder in aller Welt die Folgen unserer Umweltzerstörung, die Altlasten unserer Industrie und den entstehenden Mangel an bestimmten Ressourcen als Erbe übernehmen, das sie nicht ablehnen können.

[263] vkuav 106. Hervorhebung von mir. Korczak berichtet hier auch von einem Gespräch mit einem Richter, dem er seine Vorstellungen über die Rechte der Kinder darlegt. Der Richter antwortet: "Wissen Sie, das ist für mich neu. Ich habe noch nie daran gedacht, daß Kinder auch Bevölkerung sind." (vkuav 106).

[264] drdkaa 24. Hervorhebung von mir.

[265] "Korczak denkt hier gewiß an die "Déclaration de Genève" der "Union internationale de secours aux enfants" vom 23. Februar 1924, welche die Menschenrechte des Kindes formuliert." [Fußnote der deutschsprachigen Ausgabe.]

[266] drdkaa 25

[267] wmekls 34. Hervorhebung von mir.

[268] Vergl. hierzu Kapitel 4.1.2, wo eben dieser Aspekt eine wichtige Rolle spielt.

[269] wmekls 46f

[270] Dieses Ausloten kann eine solche Eigendynamik entwickeln, daß Jugendliche Straftaten begehen, um endlich eine eindeutige Stellungnahme der Erwachsenenwelt zu erhalten. Ein frappierendes Beispiel hierfür sind Mittäter bei rechtsradikalen Krawallen in Rostock. Vergl. hierzu die Titelreportage des Spiegel vom 7.12.92. (Der Spiegel, Hamburg: Spiegel-Verlag 46(1992)50, 22-34, insbesondere Seite 25).

[271] wmekls 47

[272] Dabei sollte einen die Betonung des Rechtsstandpunktes bei Korczak nicht zu der Annahme verleiten, er würde milde Urteile und Verzeihen ohne Strafe nicht billigen. Im Blick auf das selbstständige Gericht der Kinder stellt er erfreut fest, daß das Gericht fast nur milde Urteile fällte. (Vergl. hierzu auch den Aufsatz von Gerhard Deimling: Verzeihen als Sanktion Das Gesetzbuch des Waisenhauses, in: Zweites Wuppertaler Korczak- Kolloquium, 38-51.) Meines Erachtens liegt jedoch ein entscheidender Unterschied zwischen einem demokratisch zusammengekommenen Gericht, das dann den Spielraum der Gesetze der Gemeinschaft ausschöpft, und einem Erzieher, der urteilt, obwohl er selbst nicht den Regeln unterliegt, nach denen er urteilt, und der dann nach Gutdünken Gnade vor Recht walten läßt.

[273] drdkaa 31. Vergl. auch Kapitel 3.2.4.

[274] wmekls 129

[275] Vergl hierzu das Motto dieser Arbeit (wmekls 151).

[276] Vergl. hierzu dkdb 18f, insbesondere die Zeilen 241-244 im Anhang dieser Arbeit.

[277] wmekls 151



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URL: www.gata-verlag.de/prob06.html; Stand: 21.06.2005 

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