Werner Schneider: Steven Spielberg: Schindler’s List.
Ein filmanalytisches Projekt im Englischunterricht
als Möglichkeit für fachintegrierten Ethikunterricht.
Zugl. Diss. Universität Bonn 2000.
(pädagogik und hermeneutik, 9.) Eitorf: gata 2000.
 


Es ist besser, eine Kerze anzuzünden,
als über die Dunkelheit zu schimpfen.

Sprichwort


Wenn der Ehrliche als der Dumme gilt, wenn die gute Nachricht die schlechte Nachricht ist, wenn führende Staatsmänner wegen eigenwilliger Ehrbegriffe, wegen meineidsverdächtiger Aussagen, wegen Sexual- oder Alkoholproblemen als Vorbilder ausfallen, wenn sportliche Höchstleistungen nur mit Hilfe von Doping erzielbar scheinen, – wer will, soll, kann oder darf sich dann noch der Anstrengung unterziehen, von moralischer Kompetenz Heranwachsender nicht nur zu reden, sondern zu ihrer Förderung praktisch beizutragen? Soll die Schule dies tun, und wenn Ja, wie kann sie ihr Ziel erreichen?
Auf diese Fragen versucht die vorliegende Untersuchung Antworten zu geben. In einem einleitenden Kapitel des Buches wird die moralische Grundstimmung in Deutschland am Ende des 20. Jahrhunderts und ihre Präsentation in den Medien analysiert und die Bedeutung dieser Grundstimmung für die moralische Erziehung bewertet. Daran schließt sich die Analyse von drei aktuellen Hauptrichtungen des ethischen Lehrens und Lernens und ihrer Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht an. Sodann werden am Beispiel der gymnasialen Oberstufe des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen die Wirklichkeit und die Möglichkeit fachintegrierten Ethikunterrichts dargestellt.
Nach einer Analyse und Bewertung von zwei deutschen Unterrichtshilfen zu dem Film Schindlers Liste und einem amerikanischen Guide to Schindler’s List folgt die Darstellung des vom Autor im eigenen Unterricht erprobten und in Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer vorgestellten filmanalytischen Unterrichtsprojekts Schindler‘s List. Diese umfaßt eine ausführliche didaktische Begründung des Projekts, biographische Grundinformationen zu Oskar Schindler und Amon Göth, filmrelevante sozio-kulturelle Hintergrundinformationen über die USA, Spielbergs Motivation für die Produktion des Films und seine Intention sowie als Hauptteil die Beschreibung einer idealtypischen Planung und eines modellhaften Ablaufs des Projekts. Dieses ist zwar im fortgeschrittenen Englischunterricht entstanden, kann aber wegen seines exemplarischen Charakters auch in anderen Unterrichtsfächern durchgeführt werden.
Dabei wird gezeigt, wie die fach- und medienspezifische Dimension verbunden werden kann. Systematisch werden nämlich die an dem Projekt selbsttätig beteiligten Schülerinnen und Schüler darin unterstützt, nicht nur ihre Kompetenz zu erweitern, einen Film zu analysieren, zu deuten und zu bewerten, sondern auch ihre ethische Kompetenz dadurch auszudifferenzieren, daß sie das Leben und die Handlungsentscheidungen insbesondere Oskar Schindlers abwägend reflektieren und bewerten.
Die ambivalente Gestalt des namengebenden Protagonisten des Films erweist sich dabei für Heranwachsende aus einem doppelten Grund als faszinierend: Einerseits wird sie von Spielberg als eine klassische Figur des amerikanischen Heldenepos präsentiert, die amerikanische Ideale und Wertvorstellungen verkörpert, andererseits aber auch als ein Jedermann, dessen rätselhafte Wandlung vom egoistischen Kriegsgewinnler zum altruistischen Lebensretter zur Reflexion fundamentaler moralischer Fragen auffordert.
In ihrem abschließenden, spezifisch erzieherisch-ethischen Teil begründet die Untersuchung die These, daß die Schule die ihr gestellte Aufgabe der moralischen Erziehung ihrer Schülerinnen und Schüler nicht in einem eigens eingerichteten Fach Ethik oder Praktische Philosophie anstreben sollte, sondern mit Aussicht auf Akzeptanz und Erfolg in jedem der bereits existierenden wissenschaftsorientierten Fächer der Stundentafel fachintegriert verwirklichen kann.
 
 
Buch: ca. 280 S., 12,5 x 18,5cm, Pb. 
14,98-Euro
ISBN 3-932174-60-7



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URL: www.gata-verlag.de/abstr00.html; Stand: 21.06.2005
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